Bernd Amsberg
Von Bernd Amsberg, Pinneberger Tageblatt
Es gibt dieses Ritual auf Parteitagen, dass Führungspersönlichkeiten nach ihren Reden lange beklatscht werden, um die Verbundenheit mit ihnen nach außen zu demonstrieren. Montagabend bekam beim Neujahrsempfang des CDU-Kreisverbands im Pinneberger Cap Polonio einer viel Beifall, den die meisten der rund 300 Besucher bis vor Kurzem wahrscheinlich gar nicht kannten: Ralph Brinkhaus, seit September Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Der Ehrengast des Empfangs warb darum, optimistisch in die Zukunft zu gehen, aber auch tatkräftig bei ihrer Gestaltung mitanzupacken.
Zuvor hatte der CDU-Kreisvorsitzende Christian von Boetticher für Optimismus geworben: „‚Wenn wir uns die Welt ansehen, werden wir feststellen, dass wir es hier recht schön haben.“ Eine Selbstverständlichkeit ist das seiner Ansicht nach aber nicht: „Wohlstand und Freiheit muss jede Generation für sich erneut erkämpfen.“
Dann war Brinkhaus an der Reihe: „Der Zusammenhalt der Gesellschaft ist die größte Herausforderung der nächsten Jahre.“ Deshalb müsse die Gesellschaft „von der Mitte her gedacht werden“ wobei Minderheiten selbstverständlich respektiert und geachtet werden müssten.
Zusammengehalten wird die Gesellschaft laut Brinkhaus von Werten wie dem christlichen Menschenbild. Auch Freiheit gehöre zu den wichtigen Werten sowie Eigenverantwortung der Menschen. Für den Zusammenhalt der Gesellschaft sei es egal, welche Hautfarbe oder welche Religion jemand hat, „er muss aber bereit sein, unsere Werte zu akzeptieren“, sagte der CDU-Politiker.
Brinkhaus sprach ohne Manuskript völlig locker, im Plauderton. Ein bodenständiger Mensch, der den Eindruck machte, von dem, was er sagte, überzeugt zu sein. Selbstbewusst, ohne auch nur einen Hauch der Arroganz zu verströmen, die manchmal die Auftritte seines Vorgängers Volker Kauder geprägt hatten.
Der neue Fraktionschef forderte mehr Respekt im Umgang miteinander und bedauerte den Verfall des Tons im Bundestag: „Wir sind oft kein gutes Vorbild.“ Im Gegensatz zu Kanzlerin Angela Merkel: „Sie hat niemals der Wut das Wort geredet, ist immer stilvoll geblieben.“
Obwohl es vielen Menschen auch nach eigener Einschätzung gut geht, hätten etliche Angst vor der Zukunft, stelle er immer wieder fest, so der Christdemokrat.
Darauf gebe es drei Antworten. Populisten von rechts und links, die im Grunde gleich seien, würden versprechen, die Vergangenheit zurückzuholen. „Das ist keine Antwort auf Zukunftsfragen.“ Die SPD habe den Arbeitnehmern zugesagt, sie vor der Digitalisierung zu schützen. „Der Anspruch ist ja richtig, aber das funktioniert nicht“, sagte Brinkhaus.
Er zieht die Aussage eines Unternehmers aus seinem Gütersloher Wahlkreis vor, dessen Familie mit ihrem Unternehmen im Laufe vieler Jahre Brände, Seuchen und Diktatoren überstanden hatte: „Meine Familie hat gelernt, dass man sich vor der Zukunft nicht schützen kann. Aber man kann sich stark genug für die Zukunft machen.“
Die Forderung der Wirtschaft nach der Senkung von Steuern und Energiepreisen hält Diplom-Ökonom Brinkhaus nicht für falsch, aber „für etwas zu einfach“. Um für die Zukunft gewappnet zu sein, sei das entwickeln sogenannter Leuchtturmprojekte wichtiger. „Wir haben die beste Technologie auch im autonomen Fahren. Wir müssen aber aufpassen, dass das auch in Deutschland läuft und nicht in China.“ Dann könne Deutschland davon profitieren.
Für den Nachwuchs hatte Brinkhaus eine gute und eine schlechte Nachricht: „Klar sprach er sich für das Leistungsprinzip aus. Aber: „Leistung muss sich lohnen. Sie muss aber auch belohnt werden. Das ist die Grundlage unseres Wohlstands.“
Eine bessere Umweltpolitik ist laut Brinkhaus ebenfalls ein wichtiges Zukunftsthema. „Da haben wir als CDU zu wenig gemacht. Umweltpolitik jenseits vom Verbieten kann auch ein Erfolg werden.“ Für eminent wichtig, um optimistisch in die Zukunft zu sehen, hält er die Europäische Union: „Bei uns leben 80 Millionen Menschen, in China 1,3 Milliarden. Wenn wir uns nicht mit den restlichen 450 Millionen Menschen in Europa zusammenschließen, haben wir ein Problem.“
Doch es geht Brinkhaus bei der EU nicht nur um Wirtschaftspolitik. Er besuche oft den Bund der Vertriebenen. „Wenn die alten Menschen von ihrem Schicksal erzählen, hat man Tränen in den Augen.“ Seit 74 Jahren lebten die Menschen in Deutschland glücklicherweise im Frieden. Das dürfe nicht zu Sorglosigkeit führen: „An das, was man immer hat, gewöhnt man sich. Dafür kämpft man nicht mehr. Aber das ist falsch“, sagte er. Frieden sei nicht selbstverständlich.
Deshalb sei die bevorstehende Europawahl so wichtig: „Die EU ist das größte Friedensprojekt, das wir je hatten. Ich werde deshalb leidenschaftlich dafür kämpfen, dass wir sie nicht denen überlassen, die es kaputt machen wollen.“ Auch dafür gab es sehr viel Beifall.
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